Was passiert hier?

Freimuth Eigenbier gibt unaufgefordert Tipps, macht manchmal Cartoons, fotografiert wild in der Gegend rum und ist ferner ein Genie der Alltagslyrik. Kann auch vorkommen, dass er von sich selbst oder über Medienkram schreibt.

Freitag, 28. März 2008

MC Ärmelschoner feat. Ratzefummel & Bleistift

Ja... was, was in aller Welt, soll man dazu sagen? Dazu, mein ich.
Vielleicht, dass es so etwas wie freiwillige, beabsichtigte "unfreiwillige Komik" gibt. Was streng genommen scheinbar unfreiwillige Komik, also als unbeabsichtigt inszenierte Komik ist; man könnte auch sagen: Selbstridikülierung, gezielt, jedoch getarnt als sympathische Trotteligkeit. Unterm Strich? Unsympathisch und -- hier schließt sich der Kreis, hier beißt sich die Katze in den Schwanz: lächerlich. Was ist im allgemeinen so genannte "unfreiwillige Komik" anderes als ein sich Lächerlichmachen? Wenn man sich nun aber gezielt lächerlich macht, ist dies nicht komisch, sondern traurig. Es ist das traurige Betteln um Aufmerksamkeit, das sich mit Kakerlaken überschütten lassen, das Singen wider besseres Können vor Dieter Bohlen.
Demjenigen Leser, der Links nicht direkt klickt, und sich meiner Sprachgewalt im vorangegangen Absatz erfreuen durfte, ohne zu wissen, wovon ich sprach, sei nun beschrieben worum's überhaupt geht: Irgendjemand im Finanzministerium, bzw. in dessen Propagandaabteilung ... Pardon: Referat Öffentlichkeitsarbeit muss eine Werbeaktion abgesegnet haben, die Bundesfinanzminister Peer Steinbrück als RAP-P€€R der Nation darstellt. In einer putzigen, interaktiven Flashanimation wird man folgendermaßen angeleitet: "Choose einen Beat, drag die Raps in die Timeline und verschicke deinen Track!"
Man kann also einem wählbaren Instrumentalstück diverse Sprachfetzen Steinbrücks hinzufügen ("I love cash" usw. usf.). Hinter zwei Plattenspielern hüpft der Minister, den man optisch anpassen kann: "Pimp da hat", "Pimp the style", doch am Besten ist: "Pimp the face"... wie bei solchen sinnfreien Spielen üblich kann man also das Konterfei Steinbrücks dem individuellen Geschmack anpassen. Das anfängliche Shirt mit dem Aufdruck "P€€RLIN Hauptstadt City" (Genau: wtf?), lässt sich so zum Beispiel durch einen gestählten Ex-Häftlingsoberkörper ersetzen, diverse Mützen lassen sich wählen, einen Afro kann man ihm geben... aber dem Gesicht -- und das ist gut! -- dem kann man, außer Sonnenbrillen, goldenem Gebiss und einem Nelly-Pflaster, ...einen Kurt-Beck-Bart geben. Absurd? Ja. Komisch? Auch. Unfreiwillig? Wer weiß, siehe oben. Wie das ganze eben. Na... wenn sich da mal nicht jemand in der Werbeagentur nen Scherz erlaubt hat.
Wie auch immer, diese Aktion wird genauso untergehen wie der Hamsterfilm, der in seiner Bildmetaphorik reichlich sinnfrei war und übrigens auch im Rap-P€€R-Spiel verlinkt ist (Easteregg!). Das für solcherlei Aktionen ausgegebene Geld hätte man im Dienste der Haushaltkonsolidierung mal gut sparen können.

(mit Dank an Fabe für den Hinweis)


Montag, 24. März 2008

Donnerstag, 13. März 2008

Hypothetisches Szenario

Lägen in den sanitären Einrichtungen diverser Etablissements Gästebücher aus, so könnte man zum Beispiel solches dort niederschreiben:
"Das war das schönste Plastikefeu, welches ich jemals hinter einen Spiegel über einem Waschbecken geklemmt sah. Wirklich. Gerne werde ich wiederkommen, dieses Grün in seiner Ewigkeit und Zeitlosigkeit zu bewundern."

Sonntag, 2. März 2008

"...mit dem Zweiten sinkt man besser"

"In der heutigen Ostsee-Folge des "Traumschiff" (20.15h, ZDF) ist wieder einiges los. Menschliches Drama vor aufregend maritimer Kulisse, von Gotenhafen nach Kiel ist die geplante Route. Höhepunkt ist die Unterwasser-Show der russischen Feuerwerker..." Ach nee. Ist erstens nicht soo lustig und außerdem ist dieser Vergleich anderen auch schon eingefallen (siehe unten, Link folgt). Dass zumindest der erste Teil auf dem Sendeplatz läuft, der sonst dem "Traumschiff" vorbehalten ist, zwingt aber zu solcherlei böser Witzischkeit.
Wie auch immer, heute abend geht im Fernsehen "Die Gustloff" unter, und mit ihr hoffentlich Heiner Lauterbach, Kai Wiesinger und Francis Fulton-Smith (wer öfter sonntags ZDF schaut, bekommt also ein bekanntes, Pilcher-geprüftes Gesicht).
Ob der Film nun Opfermacherei ist, und damit revisionistisch und Holocaust-relativierend, und ob man das auch Grass für seinen "Krebsgang" vorwerfen kann, soll, will ... ist mir zwar nicht schnurz, aber wenigstens schnuppe. Interessant ist das drumrum und tam-tam aber alle mal. Wie der Vilsmaier-Film ist kann ich jetzt natürlich nicht sagen, der läuft ja auch erst um acht, ich will den geneigten Leser allerdings auf zwei Rezensionen hinweisen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Evelyn Finger wundert sich, "dass Guido Knopps Geschichtswerkstatt einmal einen konsequent antirevisionistischen Antikriegsfilm über das Ende des Dritten Reichs produzieren [kann]. Ausgerechnet der Untergang der 'Wilhelm Gustloff', des berühmten Passagierdampfers, der am 30. Januar 1945 in der Ostsee sank, ist jetzt ohne jede nationale Selbstgerechtigkeit verfilmt worden."
(...in der Wochenschau der aktuellen ZEIT, ebenso online)
Gehen wir mal davon aus, dass Frau Finger den Film gesehen hat und lesen andernorts weiter.
Christian Buß schreibt für SPIEGEL-online, dass "die schlimmste Schiffskatastrophe aller Zeiten gerade groß genug [sei], um noch einmal jenes alte Lied anzustimmen, nach dem ein paar perfide Nazis ihre Leute in den Untergang getrieben haben." Vilsmaiers Film setze ein "schiefes Sinnbild in Szene [...]: Da säuft ein Volk von Unschuldigen ab."
Streng genommen kann diese diametrale Opposition der zwei Artikel nur naive Gemüter in Staunen versetzen, die denken, es gäbe so etwas wie eine einzige absolute Wahrheit; die gibt's nämlich nicht. (Aber glauben Sie das jetzt nicht einfach so, schließlich steht's ja nur irgendwo im Internet.)
Es ist aber auch schön, wie weit die Diskrepanz geht. Finger findet nämlich den Fernsehfilm "Dresden" genauso schlimm wie "Untergang", und "Flucht" und sieht alle als Teil eines "Exzess[es] des Selbstmitleids".
Buß hingegen findet:
"[...] Wo das grandiose Kriegsmelodram 'Dresden' vor dem Hintergrund des britischen Bombardements feinnervig von der faschistischen Durchdringung auch kleinster sozialer Zellen berichtete, perlt sämtlicher ideologischer Schmutz an den guten Deutschen auf der 'Gustloff' ab."
Ich gehe trotz allem davon aus, dass beide den gleichen Film gesehen haben. Aber wer die Überschrift des Buß-Artikel gewählt hat, dem gehört wirklich auf die Finger gehauen. Aus dem letzten Satz, "Tut-tut, hier kommt der Antifa-Dampfer" wird nämlich "...Opfer-Dampfer". Frau Finger aber wackelt auch erheblich, Buße würde ich nur der lustigen Konstruktion wegen von ihr fordern (Buß, Finger, Finger, Buße... hahaha). Berühmt ist die Gustloff aber nicht, ebenso wenig die "deutsche Titanic" (Buß). Und ebenso wenig war die Gustloff bzw. ihr Untergang jemals ein Tabu. Daran, dass jeder die Titanic, aber kaum jemand (auch nur in Deutschland) die Gustloff kennt, wird auch dieser Film nichts, aber auch gar nichts ändern. Das wäre auch nicht anders, wäre statt Wiesinger diCaprio an Bord (der heißt übrigens auch Wilhelm)-- allerhöchstens werden in zehn, zwanzig Jahren die Nachgewachsenen auf das jeweilige Stichwort (Titanic oder Gustloff oder auch Stauffenberg) sagen, "Da gab's doch mal 'nen Film" -- Schwimmwesten an, und nach der Tagesschau schön aufs Zweite geschaltet, denn mit dem Zweiten sinkt man besser. Leinen los! bzw. Torpedo-Rohre frei.